| SPANISHSKY.DK 10. MÄRZ 2020 |

Viggo Christensen Holm war einer der etwa 500 Dänen, die im spanischen Bürgerkrieg kämpften. Wie so viele der dänischen Freiwilligen war Viggo ein Kommunist und setzte den Kampf gegen den Faschismus im dänischen Widerstand fort

 

Von Allan Christiansen/Übersetzung (aus dem Englischen) vom Freundeskreis der XI. Internationalen Brigade

Viggo Christensen Holm wurde am 10. März 1914 in Ålborg als Sohn des Metzgers Alfred Kristensen Holm und Ane Petrine Holm (geborene Andersen) geboren. Viggo war Mitglied der DKU/DKP (Kommunistische Jugend Dänemarks/der Dänischen Kommunistischen Partei) und arbeitete als Chauffeur. Er war 1936 mit Jonna Holm (geborene Andersen) verheiratet und wurde 1937 geschieden. Sie hatten einen Sohn. Viggo war noch zweimal verheiratet. Seine zweite Frau hieß Holm (geborene Olsen), mit der er auch ein Kind hatte. Seine dritte Frau hieß Christensen Holm (geborene Hansen).

Seine letzte bekannte Adresse war Peter Bangsvej 237, Vanløse (ein Verwaltungsbezirk von Kopenhagen). Viggo starb am 12. April 1967 im Alter von 53 Jahren in Kopenhagen an Krebs. Er stiftete seinen Körper der Anatomieabteilung der Universität Kopenhagen.

Viggo C. Holm reiste am 23. April 1938 nach Spanien. Nach seiner Ankunft wurde er Mitglied des Bataillons Instrución. Später wurde er zum militärischen Sanitätsdienst in der mehrheitlich mit Skandinaviern besetzten 2. Kompanie Martin Andersen-Nexø versetzt. Die Kompagnie gehörte zum Batallion Hans Beimler (2. Batallion der XI. IB) der überwiegend deutschsprachigen XI. Internationalen Brigade. Zusammen mit 91 anderen Freiwilligen kehrte Viggo im November 1938 nach Dänemark zurück.

Während der deutschen Besatzung Dänemarks wurde Viggo C. Holm am 2. November 1941 von der dänischen Polizei auf der Grundlage des so genannten Kommunistengesetzes verhaftet und in Vestre Fængsel (“Westgefängnis”; ein Kopenhagener Gefängnis, das von der Gestapo während der Besetzung genutzt wurde) inhaftiert. Einige Monate später wurde er nach Horserødlejren (Internierungslager Horserød) verlegt, wo er die Häftlingsnummer 220 erhielt.

Am 29. August 1943 flohen Viggo C. Holm und 91 weitere Kameraden aus dem Internierungslager Horserød.

Er setzte sich mit der Widerstandsbewegung BOPA in Verbindung und nahm bis zum Ende des Krieges am Widerstand teil.

Viggo C. Holm schrieb eine Reihe von Briefe an seine Familie und Artikel für die DKU-Zeitschrift Fremad (“Forward”) über die Kämpfe und die Verhältnisse in Spanien. Aber jetzt ist es an der Zeit, dass Viggo uns über seine Erfahrungen berichtet – er kommt gleich zur Sache:

DIE ÜBERQUERUNG DES EBRO IN DER NACHT VOM 25. AUF DEN 26. JULI 1938
Drei Monate im Batallion Instrución

Nach 3 Monaten im Batallion Instrucion und einer Ausbildung in moderner Kriegsführung, vom Stoppen eines Panzers bis zum Abschuss von Flugzeugen und dem Anlegen eines Verbandes, erreichte ich am 26. Juli 1938 den Ebro – den größten Fluss Spaniens.

Seit etwa sechs Monaten ist dieser schöne Fluss die Frontlinie, ein natürliches Bollwerk gegen das weitere Vordringen der Faschisten nach Katalonien. 

Wie ich bereits erwähnte, ist der Ebro der größte Fluss Spaniens – breit und reißend, wunderschön umgeben von hohen, steilen Bergen und Ufern und einer üppigen Vegetation. Nach der Meinung ausländischer “Experten” war er uneinnehmbar, was die schlechte faschistische Verteidigung des gegenüberliegenden Flussufers erklärt. Sie erwarteten nicht, dass wir versuchen würden, den Fluss zu überqueren, und es war ein ernsthaftes Versehen, das sich als sehr teuer erweisen würde.

Eines Nachts, in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli, überquerten wir den Fluss und schickten die Meinungen der Faschisten und Experten zum Teufel.

Nun, das wussten wir im Batallion Instrucion nicht, obwohl wir so viel erwartet hatten, da wir in den letzten Wochen nichts anderes getan hatten, als zu üben, wie man einen Fluss überquert. Nach unserer Erfahrung unternahm die Volksarmee nie etwas ohne eine bestimmte Absicht.

In Marschformation

Am Mittag des 25. Juli kam der Befehl “Preparace” – Vorbereitung zum Ausrücken. Wir waren bis 10 Uhr am nächsten Morgen in höchster Alarmbereitschaft und verpassten damit die eigentliche Überfahrt – wir mussten uns damit zufrieden geben, von ihr zu hören.

Während der Zeit, die wir in “Preparace” verbrachten, gab es natürlich Gerüchte; es wurden alle möglichen Spekulationen und Vermutungen angestellt. Der Stab des Bataillons schwieg. Wie Fledermäuse aus der Hölle überbrachten die motorisierten Depeschen dem Stab ständig Botschaften. Der Stabschef Hoffmann [1] hatte die komplette Kampfausrüstung angezogen; eine alte Uniform und den größten Revolver, den ich je gesehen hatte.

Die Atmosphäre war fröhlich, obwohl wir etwas nervös waren; inzwischen wussten wir alle, was vor uns lag. Die Kameraden saßen in kleinen Gruppen herum, redeten, sangen und genossen den herrlichen spanischen Wein. Ein paar Männer schrieben ihren Familien und Freundinnen. Nachts wurde der Küche befohlen zusammenzupacken. Aber was uns betraf, so gab es keine Befehle.

Erst am folgenden Tag um 10 Uhr morgens wurde der Befehl erteilt. Die bewaffneten Fahrzeuge trafen ein, und wir fuhren freudig jubelnd los. Endlich waren die langen und langweiligen Unterrichtstage zu Ende. Es war an der Zeit für die Faschisten, sich der “Musik” zu stellen. Einer der Männer wünschte sich einen Säbel, um die Marokkaner in Krapfen verwandeln zu können.

Am Ebro

Innerhalb einer Autostunde erreichten wir den Ebro und hielten in der Stadt Vino del Ebro [2]. Sie war vollkommen zerstört. Sechs Monate lang war die Stadt Zielscheibe faschistischer Fliegerbomben und Granaten gewesen. Die Straßen waren aufgerissen. An den Wänden hingen zerrissene Licht- und Telefonkabel. Natürlich wurde die Stadt auf Befehl der Regierung evakuiert, ungeachtet der Tatsache, dass sie drei Kilometer vom Ebro entfernt liegt. Später, in der Stadt Asco, die auf faschistischer Seite am Ufer des Ebro liegt, sah ich, dass man die Vorderhäuser als Maschinengewehrstellungen genutzt hat. Dies waren die einzigen Häuser, die durch den Krieg gestört wurden. In der übrigen Stadt ging das Leben wie üblich weiter; die Geschäfte waren für den Betrieb geöffnet und so weiter. Die Bevölkerung vertraute den Republikanern.

Wir mussten alle Zivilisten im Umkreis von sechs Kilometern von der Front evakuieren, und selbst das war nicht genug, was später durch die schreckliche Bombardierung von Barcelona und anderer Städte bestätigt wurde. 

Wir erreichten den Fluss und gingen unverzüglich daran die Verwundeten zu bergen!  Auf Wiedersehen an alle meine Träume, die Faschisten zu verprügeln. In den nächsten Tagen begegneten wir nur noch verwundete Faschisten, die übrigens die gleiche Behandlung wie wir erhielten. Dagegen schießen die Faschisten normalerweise auf verwundete Internationalisten.

Spanier und Skandinavier der Kompanie Martin Andersen-Nexø ruhen sich nach der Überquerung des Ebro aus

Spanier und Skandinavier der Kompanie Martin Andersen Nexø ruhen sich nach der Überquerung des Ebro aus

Das andere Ufer

Wir erhielten den Befehl am anderen Flussufer Verwundete zu bergen. Wir marschierten los, vier Männer zum tragen einer Bahre. Über den Ebro war eine provisorische Pontonbrücke gebaut worden. Beim überqueren kamen bei halb zurück gelegter Strecke die Bomber. Am Ufer gaben einige Kameraden, die die Toten begruben, Alarm. Aber es war zu spät. Wir hatten keine Zeit mehr die Brücke zu überqueren und warfen uns mit dem Gesicht nach unten auf die Brücke. Dann kamen die Bomben; Pfeifen, Schreie und schließlich eine gewaltige Explosion, die Schrapnells und Trümmer über unsere Schultern schleuderte. Der Fluss wurde gründlich aufgewühlt und drohte, die Brücke loszureißen – aber das war alles, niemand wurde verletzt. Wir gingen, nachdem es vorbei war, durchnässt und zitternd weiter – es war unsere Feuertaufe.

Eine provisorische Fähre überquert den Ebro. Die Stadt Asco ist im Hintergrund zu sehen

Eine provisorische Fähre überquert den Ebro. Die Stadt Asco ist im Hintergrund zu sehen

Auf dem gegenüberliegenden Flussufer trafen wir ‘Spids’ alias Harald Nielsen [3] auf dem Weg ins Krankenhaus. Er gab uns die erste Nachricht: Der dänische Sergeant Kaj Jensen aus Frederiksberg [4], von zwei Kugeln in die Brust getroffen, war tot, . Außerdem war mein bester Freund, der Sanitärspezialist Viggo Petersen, durch einen Kopfschuss getötet worden. Wir waren tief bewegt von diesen beiden Mitteilungen; zwei tapfere Genossen hatten ihr Leben verloren, um den Faschismus zu besiegen.

Das Leben geht weiter

Uns wurde jedoch nicht viel Zeit gegeben, darüber nachzudenken. Wir haben ununterbrochen gearbeitet. Es gab eine große Anzahl von Verwundeten, die zum Arzt transportiert werden mussten. Trotz der Granaten, die um unsere Köpfe flogen, hatten wir nur zwei Verwundete zu beklagen und konnten unsere Arbeit an diesem Tag ausführen.

Wir konnten zufrieden in die Nacht gehen, weil wir wussten, dass wir gute Arbeit für unsere Sache geleistet hatten. Der Wunsch, dies auch weiterhin zu tun, hatte in den folgenden Tagen nicht nachgelassen. Trotz Hunger, Trauer und Läusen machten wir mit großer Zuversicht weiter.


Anmerkungen:

[1] Heinz Hoffmann

2] Der Name der Stadt, auf die sich Viggo bezieht, ist eigentlich Vinebre. Auf Katalanisch heißt der Fluss Ebro ‘Ebre’ und das katalanische Wort für Wein ist ‘vi’. Vielleicht ist dies der Grund, warum Viggo dachte, dass der Name der Stadt Vino Ebro sei.

[3] Über Harald Nielsen können Sie im Artikel Vier Dänen im spanischen Bürgerkrieg lesen. [3] Über Harald Nielsen können Sie im Artikel Vier Dänen im spanischen Bürgerkrieg lesen. Der Artikel ist derzeit leider nur in EnglischDänischFranzösisch und Spanisch

[4] Unabhängige Gemeinde, Teil der Hauptstadtregion Dänemarks.

Die Schlacht am Ebro war die größte, längste und blutigste Schlacht des gesamten Bürgerkriegs. Die beiden Armeen erlitten in den Monaten von Juli bis November 1938 insgesamt rund 130.000 Opfer.